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Beitrag von Sealord vom: 06.07.2014
Letzte Änderung am: 06.07.2014

Ein Tag auf See

Soeben verschwand der letzte Lichtschein achtern hinterm Horizont. Am Heck leises Gurgeln des Wassers, ein schwaches Strahlen auf dem gesegelten Weg. Kaum Wind ist zu spüren. Sterne blitzen auf. Rote und grüne Lichter ziehen weit entfernt ihrer Wege. Der Sternenhimmel wird in dieser fast mondlosen Nacht zu einem Zeltdach aus schwarzem Samt, mit Diamanten reichhaltig verziert. Ein Flugzeug scheint die Milchstraße zu überqueren. Das leichte Atmen der See unter mir gibt mir das Gefühl zu schweben. Rundherum kein Horizont. Wo hört der Himmel auf, wo fängt des Meeres Fläche an?



Feuchtigkeit legt sich aufs Deck, tropft von den kaum geblähten Segeln. Kriecht tief hinein in die Gedanken, welche frei und unbeschwert mein innigstes Ich erkunden. Da erscheint weit voraus ein Schimmern, trennt den Himmel vom Meer. Horizont. Er ist zurück. Ein nie erreichbares Ziel. Und doch, das Streben dorthin liegt fest in uns verwurzelt. Der Morgen kommt, aber hinter mir reckt die Nacht noch tiefste Schwärze mir entgegen. Will meine ausgekühlten Glieder greifen, ich meine, zu fühlen, wie dieses Schwarz sogar den Wind aufhält. Die Segel fallen zusammen. Das Schaukeln, ohne der Segel halt, hat seinen Rhythmus, seine Eleganz verloren. Blitze, wie Schwerter, kommen mir entgegen. Sonnenstrahlen! Sie zerteilen, zerstören das Dunkel, verwandeln es in ein kaltes Blau, bevor die Sonne die Kante der Erdenscheibe übersteigt. Die Strahlen brechen sich an den Tautropfen, spiegeln sich in der See. Dann endlich ist sie da und legt vor mir eine Straße, wie aus der Lava Glut, auf das Meer.



Eine leichte Brise erwacht. Das Boot verneigt sich dankend und die Segel erhalten die Form von Flügeln. Wir nehmen ein wenig Fahrt auf. Die Sonne beginnt zu wärmen und trocknet das Deck. Endlich, der feuchten Kleidung entledigt, gewärmt und satt, sitze ich mit einer Mug Kaffee in der Plicht und schaue der See beim Atmen zu. Eine Robbe streckt ihren Kopf aus dem Wasser und sieht mich an. Sie taucht unter und präsentiert mir wenige Augenblicke später stolz Ihren Fang. Irgendwie stelle ich fest, dass wir beide den gleichen Friseur haben! Kleine Wolken tauchen am Himmel auf und vermehren sich langsam aber stetig. In gleichem Maß wird auch der Wind stärker. Das Boot kränkt und nimmt immer mehr Fahrt auf. Das Gurgeln am Heck ist längst einem Beständigen auf und abschwellenden Rauschen gewichen. Weit, weit vorn ist schon ein Schatten der Inseln, unser Tagesziel, zu sehen. Das Boot verlangt jetzt nach einer starken Hand. Der Bug greift sich mit zähem Biss einen weißen Knochen und gibt ihn nicht mehr her. Wellen kommen auf und haben wieder ihren stetigen Rhythmus. Gischt fliegt zu beiden Seiten an uns vorbei. Manches Mal spuckt mir Neptun in den Nacken. Ich war wohl zu geizig mit seiner Ration Rum! Die hinter mir ablaufenden Wellen erscheinen wie die Buckel riesiger Wale und das Erklimmen der Wellen, zu Ihrer weißen Spitze, wie der zähe Start zu einem herrlichen Surf, ungebremst in den nächsten Aufstieg. Immer und immer wieder. Eins werden mit dem Boot, mit dem Rhythmus. Es ist wie ein Rausch. An Reffen ist nicht mehr zu denken. Die weißen Kronen der Wellen überwiegen das Blau-Schwarz aus meiner Perspektive. Das Tempo des Bootes lässt die Inseln schnell wachsen. Aus den grauen Streifen werden grüne und sie werden höher. Schon ist die Durchfahrt zu erkennen. Große rote und grüne Bojen weisen den Weg. Die Wellen werden höher und kürzer. Der Ritt wird wilder. Das Ruder braucht jetzt alle Kraft. Durch das auflaufende Wasser nimmt das Tempo noch einmal zu. Dadurch verliert aber auch der Wind etwas an Kraft. Alle Sinne sind gefordert. Euphorie macht sich breit. Die Landzunge, hinter der sich eine herrliche, geschützte Bucht versteckt, wird schnell erreicht. Nur noch herum um die Ecke und ich gleite, geschützt vor Wind und Welle, hinein. Hier ist nichts mehr zu spüren von kalter Gischt. Der Duft des warmen Waldes weht hinüber. Der Anker fällt auf sandigem Grund. Die Segel sind geborgen und Ruhe kommt auf. Das Gesicht der Sonne zugewandt sitze ich in der Plicht und in mir hallt die Fülle des Tages nach. Mein innerer Rhythmus wechselt ständig zwischen „Stairway to Heaven“ und „Highway to Hell“!



Solche Tage sind groß, aber ihre wahre Größe erhalten sie erst nach einiger Zeit. Sie wachsen immer, so auch die Wellen, des nachts am Lagerfeuer, in der Bar, beim Bier mit Freunden. Das Gefühl aber, das bleibt immer Deins!



Leseprobe aus `Hafentage´erschienen bei Amazon.


 
 


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Kommentar von skippy vom 06.07.2014

Wirklich sehr schön beschrieben Macht Lust auf mehr/Meer

 

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